24.5.
Von Bolyhos zu Bolo (Teil 1)
Am 9. Mai kam der Neuankömmling Bolyhos, Spitzname Boly, zusammen mit einem lieben Freiwilligen auf dem Tierschutzhof an. Boly kommt ursprünglich aus Ungarn und lebte dort seit September 2021 im Tierheim. Seine Vorgeschichte ist unbekannt. Als der schwarze Filzberg auf den Hof kam, war er recht schüchtern. Er mied uns Menschen erst einmal, doch als mein Freund Tom sich hinhockte, wusste Boly, dass von ihm keine Gefahr ausgeht. Er beschnupperte ihn neugierig. Nach und nach nahm er auch Kontakt zu Gitta und mir auf.
Für mich als Freiwillige war es sehr aufregend, denn ich war das erste Mal dabei, wie ein Hund neu in das Rudel eingegliedert wurde. Zuallererst haben wir so viele Hunde wie möglich ins Haus gelockt und die Tür zugesperrt, damit Boly erst einmal alles in Ruhe, ohne „lästige Begleitung“, begutachten kann. Gitta stand auf dem Hof und bat mich nach kurzer Zeit, zwei Hunde auf den Hof zu lassen. Boly verhielt sich ruhig und respektvoll und wir ließen zwei weitere Hunde hinaus. Als auch die beiden kein Problem für den „Neuen“ waren, konnten wir die Tür zum Haus öffnen und alle Hunde kamen in den Hof. Aufmerksam beschnupperten sie ihn. Damit war der erste Tag geschafft und wir gingen zu Bett.
Boly schlief die Nacht über auf der Terrasse an der Ferienwohnung, in der Tom und ich schliefen. An diesem Abend habe ich sehr viel an ihn gedacht. Wie wird er sich die Tage über verhalten? Wird er sich gut eingliedern? Wird er sich wohlfühlen? Mir fiel auf, wie schlimm es sein muss, wenn ein Tier das ganze Leben lang nicht angekommen ist und sich nun wieder an einen anderen Ort gewöhnen muss. An diesem Abend wurde mir das Schicksal solcher Hunde erst bewusst. Auf Gittas Hof haben alle Hunde eine Vergangenheit, die mehr oder weniger von Leid geprägt ist. Die schlechten Erfahrungen, die einige Hunde in ihrem Leben gemacht haben, stecken ihnen noch immer in den Knochen. Aber man merkt ihnen an, dass sie sich sehr wohlfühlen. Ich hoffte in der Nacht sehr, dass auch Boly glücklich werden wird.
Am nächsten Morgen ging es mit ihm zur ersten Runde auf dem Feld. Er lief noch an der Leine, aber schon bald konnte ich sie loslassen und er begann selbstständig, alles zu erkunden. Bei dem zweiten Spaziergang orientierte er sich immer mehr an uns und lief mit der Gruppe mit. Tom und ich sind noch einmal extra mit unserer Hündin Amy und Boly auf das Feld gegangen, damit er sich noch besser an alles gewöhnen kann. Je schneller das passiert, desto besser.
Boly hat eine sehr komische Eigenart: Er markiert alle möglichen Stellen im Hof und im Haus. Mehrmals in der Minute, wenn er nicht gerade schläft, hebt er das Beinchen. Beim Tierarztbesuch stellte sich heraus, dass er eine Entzündung in der Blase hat. Aktuell bekommt er dagegen Antibiotika und wir hoffen alle sehr, dass es mit der Pinkelei danach besser wird. Neben seiner Blasenentzündung hatte er eine alte Verletzung am Auge, sodass er auf dem linken Auge blind ist. Das Auge wurde vom Tierarzt entfernt und nun trägt er einen Kragen, um die Wunde nicht aufzukratzen. Er kommt sehr gut damit zurecht und seiner Schönheit tut es eh keinen Abbruch. Vor seiner Operation haben wir nämlich sein Fell ordentlich zurechtgestutzt und die verfilzten Stellen weggeschnitten. Diese Arbeit hat mir besonders gut gefallen. Überhaupt ist man auf Gittas Hof an jeglicher Form von Tierschutzarbeit beteiligt. Der enge Kontakt mit den Hunden ist bereichernd für Mensch und Tier und gibt einem so viel! Vermutlich ist es auch für Boly erleichternd, dass er die ganze „Fell-Last“ nicht mehr tragen muss. Es ist immer noch viel Fell an ihm dran, doch es ist ein Ende in Sicht. Das Beschnippeln ließ er sich gefallen und genoss es sogar, denn er legte sich auf den Tisch und ließ uns einfach machen.
Wir freuen uns sehr für ihn, dass er nun die Chance auf ein tolles Leben hat, denn mit seinen geschätzten acht Jahren hat er noch genügend Zeit, um es vollends auszuleben. Der Hof stellt nur eine Übergangsstation für ihn dar, denn er wird bald zu Gisela und Albert P. umziehen und dort endlich ankommen. Wir alle haben uns auf den Namen Bolo geeinigt, denn er erschien uns passender für ihn. So wurde Boly zu Bolo und mit der Namensänderung hat sich auch sein Leben geändert, denn er kann nun in Frieden leben.
13.05.2022
Caro
Gedanken zum Alltag in Rokitno (gedacht am 21.1.2010 - Gitta )
Wenn...,
Mein persönliches Resultat: Wir alle auf dem Hof haben ein großes Glück, dass wir hier so leben dürfen.
"Paula geht einkaufen ..." - Mai 09 (Gitta)
Paula geht jetzt einkaufen. Neben ihr der Einkaufswagen, der rattert. Vor ihr unheimliche Schiebetüren. Jede Menge Menschen, Geräusche. Paula guckt, zögert etwas, schaut mich fragend an. Ich erzähle ihr, wie toll und mutig sie ist und schon marschiert sie neben mir in den Laden. Brav neben dem Einkaufsladen her. Leicht beunruhigt, ob das wohl alles so richtig ist, aber ohne jede Panik. Wir gehen zu Regalbrettern, Hundefutter, Farben ... Paula wird immer gelassener. Und stolzer. Und ich auch. Ja, ich bin stolz auf meine Paula. Und froh über sie.
Vorgestern wollte ich sie noch aussetzen, ich muss es gestehen. (Gewissensfrage: Darf man Hunde in Ausnahmesituationen aussetzen?) Die Ausnahmesituation? Kann ich kurz erzählen, wenn ihr
wollt. Gitta will zum Tierarzt losfahren, eine Hündin soll kastriert werden. Paula rennt ums Haus rum, Gitta fährt schon ab, ohne Paula. Paula springt über den Zaun, ist auf der Straße, rennt dem
Auto hinterher. Gitta hält an, lädt Paula ein, ins Auto einzusteigen. Paula will nicht. Gitta steigt aus, will Paula fangen und ins Auto lassen. Paula lässt sich nicht fangen. Gitta hat einen Termin,
die Zeit drängt. Paula ist davon nicht beeindruckt.
Da steht sie auf der Straße mit ihrem "Du kriegst mich nicht Blick!" und wartet ab, was Gitta ihr zu bieten hat. Die würde nur zu gerne losfahren. Soll Paula doch hinterherlaufen. Im
Wald könnte man dann schön Gas geben und wäre sie fein los. Und hat Ruhe. Aber wie lange wohl, das schlechte Gewissen fährt ja immer mit. Die Zeit drängt immer noch, Paula bisschen frecher. Gitta
fährt zum Haus zurück. Steigt aus, macht die Tür auf, geht mit Paula in den Flur, macht die Tür zu … und erst dann lässt dieser verrückte Hund sich seelenruhig an die Leine nehmen. Zum
Paulaverkloppen ist keine Zeit (hätte ich ja nur zu gerne gemacht). Also schnell mit Paula ins Auto und abfahren. Verspätung 10 Minuten.“